Über eine halbe Million Menschen legten 2024 das Deutsche Sportabzeichen ab
Im vergangenen Jahr absolvierten laut offizieller Statistik 550.368 Menschen mit und ohne Behinderungen die Auszeichnung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) für vielseitige körperliche Leistungsfähigkeit. Darunter waren 141.156 Erwachsene sowie 409.212 Kinder und Jugendliche. Besonders bemerkenswert sind diese Zahlen vor dem Hintergrund einer umfassenden Erneuerung: Die Einführung der Plattform „Sportabzeichen-Digital“ stellte 2024 einen bedeutenden Meilenstein in der Weiterentwicklung und Modernisierung des mehr als 100 Jahre alten Programms dar und wurde von zahlreichen der 60.000 Prüfer*innen und Teilnehmenden erstmals eingesetzt.
DOSB-Vorständin Sportentwicklung Michaela Röhrbein: „Es freut mich außerordentlich, dass wir mit dem erfolgreichen Start unserer neuen digitalen Plattform so viele Menschen für das Deutsche Sportabzeichen begeistern konnten. Die Zahlen zeigen, wie lebendig der Breitensport in Deutschland ist. Jetzt gilt es, diese Dynamik weiter auszubauen. Ein großer Dank gilt allen engagierten Ehrenamtlichen, den Kolleg*innen in den Landessportbünden und unserem langjährigen Partner, dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband.“
Vielfalt im Verein stärken: DOSB stellt ersten Sport Diversity-Check vor
Anlässlich des heutigen 13. Deutschen Diversity-Tags am 27. Mai 2025 stellt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mit dem Diversity-Check ab sofort ein neues, praxisnahes Online-Tool auf der verbandseigenen Website www.dosb.de zur Verfügung, mit dem Sportvereine und -verbände auf einfache Weise ihre Strukturen und Angebote auf Vielfalt und Teilhabe überprüfen können.
„Das Wichtigste ist ein respektvoller Umgang mit- und untereinander“
DOSB: Marcus, du warst von 2013 bis 2017 schon einmal Chefbundestrainer, danach bist du im Disziplinbereich Skull und im U 23-Bereich tätig gewesen. Wie kam es dazu, dass du es noch einmal „ganz oben“ versuchen möchtest?
Marcus Schwarzrock: Die Arbeit im U-23-Bereich hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht. Aber mit einem Auge habe ich immer auf den A-Bereich geschaut, und dabei sind mir einige Ideen gekommen, wie es anders gehen könnte. Da habe ich gespürt, dass ich noch große Lust habe, Dinge an vorderster Front mitzugestalten. Mir ist klar, dass dazu auch gehört, sich selbst zu überprüfen und zu Veränderungen bereit zu sein. Das bin ich. Dazu kommt, dass der DRV zu Jahresbeginn Robert Sens zum Vorstand Leistungssport bestellt hat. Mit ihm konnte ich mir eine enge Zusammenarbeit sehr gut vorstellen. Auch wenn wir früher als Trainer ein ums andere Mal miteinander angeeckt sind, haben wir unterschiedliche Skills, die im Gesamtpaket gewinnbringend für den Verband sein können. Deshalb freue ich mich sehr, dass man mir die Verantwortung für die Nachfolge von Brigitte Bielig übertragen hat.
In dieser Antwort stecken zwei sehr interessante Aspekte. Zum einen interessieren uns die Ideen, die dir gekommen sind. Was also muss im DRV anders und vor allem besser werden?
Wir haben damit begonnen, das Training in drei Bereichen umzustellen. Ich möchte vorausschicken, dass die Art und Weise, wie wir bislang trainiert haben, zu sehr großen Erfolgen geführt hat und auch immer noch funktionieren könnte. Aber es war an der Zeit, etwas Neues zu implementieren, um neue Reize zu setzen und die Athletinnen und Athleten mitzunehmen.
Welche drei Bereiche habt ihr verändert?
Die erste Säule ist, dass wir evidenzbasierter trainieren. Wir binden die Wissenschaft stärker ein, haben zwei neue Diagnosetrainer*innen eingestellt, arbeiten mit einem Wissenschaftskoordinator und haben den gesamten Bereich auf professionellere Füße gestellt. Die zweite Veränderung betrifft unser Trainerteam, das wir deutlich erfahrener und internationaler aufgestellt haben. Wir haben nun Einflüsse aus Polen, Italien und den Niederlanden, in jeder Disziplin arbeiten Coaches, die Olympiamedaillen gewonnen haben. International spielen wir mit diesem Trainerteam in der obersten Liga mit. Und die dritte Säule ist, dass wir individueller auf unsere Leistungsträgerinnen und Leistungsträger eingehen. Wir bauen Stück für Stück die Trainingsmethodik um, setzen auf polarisiertes Blocktraining. Wir merken, dass das Team da richtig Bock drauf hat.
Die Stimmung im Team ist ein sehr wichtiger Faktor, und diese hat in den vergangenen Jahren des sportlichen Niedergangs arg gelitten. Diverse Athletinnen und Athleten haben darüber geklagt, nicht ernst genommen oder erst gar nicht angehört worden zu sein. Wie wollt ihr dort neues Vertrauen schaffen?
Fakt ist, dass wir die Kommunikation zwischen dem Trainerteam und den Athletinnen und Athleten verbessern müssen. Ich bin zu 100 Prozent ansprechbar, aber mein Ziel ist, dass aufkommende Probleme zunächst zwischen den Sportlern und ihren Disziplintrainern gelöst werden. Erst wenn da etwas nicht gelöst werden kann, werde ich mich einschalten. Die dritte Stufe wären Einzelgespräche. Ich glaube, dass diese Herangehensweise beide Seiten stärkt. Uns ist im Trainerteam bewusst, dass wir transparenter werden und Entscheidungen besser erklären müssen. Wir versuchen, aus unserer Komfortzone zu kommen, Strukturen aufzubrechen und uns stets zu verbessern. Dafür haben wir ein Coach-to-Coach-Programm angeschoben, über das wir unsere Arbeit gemeinsam reflektieren.
Das bringt uns zu dem zweiten wichtigen Aspekt deiner Eingangsantwort: Welchen Veränderungsbedarf hat deine Selbstüberprüfung ergeben? Was willst oder musst du anders machen als bislang?
Nach den Olympischen Spielen 2021 in Tokio, wo ich für den männlichen Skullbereich verantwortlich war, habe ich vieles auf den Prüfstand gestellt. Wir hatten als einzige Disziplin alle drei Bootsklassen qualifiziert, die Ergebnisse waren aber absolut nicht zufriedenstellend. Ich habe die Fehler bei mir gesucht und versucht, mich mehr von außen zu reflektieren und nach Lösungen zu suchen, um jeden Tag ein Stück besser werden zu können. Das Ergebnis ist das, was ich eben skizziert habe: Bereitschaft zur Umstellung von Trainingsmethodik, bessere Kommunikation und ein klarer Fokus auf mehr Teamwork.
Kritiker des DRV sagen, dass eine grundlegende Veränderung nicht möglich ist, wenn man jemanden wie dich, der das System seit vielen Jahren kennt und mitbestimmt hat, zum Chefbundestrainer macht. Was entgegnest du?
Wir haben in Deutschland ein sehr spezielles, sehr komplexes Umfeld mit einem Verband der Vereine. Als Ausländer in dieses System einzusteigen und gleich den Chef geben zu müssen, das ist sehr schwierig. Ich bin sehr dafür, dass wir uns Know-how von außen holen, aber das ist ja auch geschehen. Deshalb denke ich, dass es ein Vorteil ist, dass ich die Strukturen genau kenne und weiß, worauf es ankommt. Meine Aufgabe ist es, die vielen positiven Einflüsse, die wir uns geholt haben, zusammenzufügen und zu strukturieren.
Aktuell sorgt ein Report der ARD-Sportschau für Aufsehen, der einem Rudertrainer aus Münster jahrelange interpersonelle Gewalt gegen Mitglieder seiner Trainingsgruppen vorwirft. Insbesondere wird Rudern darin als männerdominierter Sport dargestellt, in dem Frauen diskriminiert werden und der die Athletinnen und Athleten körperlich regelmäßig über Grenzen treibt. Wie stehst du zu solchen Aussagen?
Zum konkreten Fall hat sich DRV-Präsident Moritz Petri in dem Beitrag klar positioniert, dazu kann und möchte ich nicht weiter Stellung nehmen. Was mir wichtig ist: Ich bitte darum, nicht zu verallgemeinern. Im Nachwuchsbereich sollen der Spaß und die Freude im Vordergrund stehen, natürlich in einem vertrauensvollen und wertschätzenden Umfeld. Rudern in der Weltspitze ist ein sehr harter Ausdauersport, bei dem man regelmäßig an seine körperlichen Grenzen gehen muss. Das wissen alle Sportlerinnen und Sportler, sie suchen sich den Sport freiwillig aus. Entscheidend ist daher, wie wir als Trainerinnen und Trainer mit unseren Schutzbefohlenen umgehen. Auf Bundeskaderbebene arbeiten wir seit Beginn der Neuausrichtung mit unseren Athletinnen und Athleten gemeinsam an einer Fortentwicklung, wir haben Programme aus dem Bereich Safe Sport und klare Verfahren, die im DRV greifen, und wir nehmen diese Themen sehr ernst. Das Wichtigste für mich ist ein respektvoller Umgang mit- und untereinander. Dass es wie in allen gesellschaftlichen Bereichen auch im Sport Problemfälle gibt, haben wir im Rudern nicht exklusiv. Deshalb kommt es darauf an, wie wir diese Fälle aufarbeiten, und ich bin der Überzeugung, dass wir da im DRV mit klarem Kompass von Präsident und Vorstand auf einem guten Weg sind.
„Es gibt nichts, was mich mehr prägen könnte als mein Glaube“
Zwei Ketten trägt Mikaelle Assani um ihren Hals, die das symbolisieren, für was die 22 Jahre alte Weitspringerin steht: Die Olympischen Ringe für ihre Hingabe zum Leistungssport - und das christliche Kreuz für ihren Glauben. Sporttreiben ist aktuell nicht möglich, die in Pforzheim geborene Athletin des SCL Heel Baden-Baden, deren Eltern aus Kamerun (Mutter) und Nigeria stammen, laboriert an den Folgen eines bei der Hallen-EM im März erlittenen doppelten Sehnenrisses im linken Oberschenkel. Aber ihr Glaube hilft ihr dabei, die langwierige Regenerationszeit guten Mutes zu überstehen. Darüber wollen wir mit ihr sprechen.
DOSB: Mikaelle, bevor wir in unser Hauptthema einsteigen: Was macht die Genesung, wie geht es dir aktuell?
Mikaelle Assani: Gesundheitlich geht es bergauf, ich muss nicht mehr an Krücken gehen. Die größte Herausforderung ist aktuell, dass ich nicht zu viel mache und dadurch meine Grenzen überschreite. Bei so einer Verletzung darf man nichts überstürzen. Aber ich werde sehr gut betreut und bin guter Dinge, dass die Heilung weiterhin nach Plan verläuft. Die Saison ist allerdings höchstwahrscheinlich für mich beendet.
Erinnerst du dich daran, wann und wie du erstmals mit dem Thema Religion in Berührung gekommen bist?
Es gab nie einen Teil meines Lebens, in dem der Glaube keine Rolle gespielt hat. Er hat mich auf meinem Weg immer begleitet. Meine ganze Familie ist sehr religiös, es wurde mir also in die Wiege gelegt. Die freichristliche Gemeinde in Karlsruhe, in der wir zu dem Zeitpunkt, an dem meine aktive Erinnerung einsetzt, immer waren, gibt es heute nicht mehr. Ich erinnere mich aber sehr intensiv daran, wie dort Gemeinschaft gelebt wurde. Das war schon damals das Wichtigste für mich.
Wann und wie hast du selbst gespürt, dass der Glaube ein wichtiger Teil deines Lebens sein soll?
Diese Bewusstheit habe ich schon als Kind gehabt. Natürlich habe ich mich in meinem Glauben stetig entwickelt und nach und nach immer tiefer gespürt, wie wichtig er mir ist. Aber schon in der Grundschule habe ich ein inniges Vertrauen in den Glauben entwickelt. Meine Freunde waren zum Großteil in der gleichen Gemeinde, der Glaube war entsprechend fast immer ein Thema.
Wie habt ihr damals euren Glauben praktiziert, und wie ist das heute, da du seit einem Jahr nicht mehr zu Hause wohnst?
Wir waren damals fast jeden Sonntag in der Kirche, und wenn es mal nicht möglich war, haben wir im Kreis der Familie gemeinsame Bibelstunden abgehalten. Gebetet wurde mehrmals täglich: Tischgebete, aber auch Fürbitten oder Lobpreisungen zu anderen Gelegenheiten. Gebete waren schon immer ein selbstverständlicher Teil meiner Routine, so wie Zähneputzen. Wir führen eine Beziehung mit Gott, und diese Beziehung muss gepflegt werden. Das ist heute nicht anders, auch wenn sich die Beziehung als junger erwachsener Mensch verändert. Aber ein wichtiger Bestandteil meines Alltags bleibt der Glaube immer. Ich lese die Bibel und bete, wenn mein Herz sich danach sehnt.
Welche Rolle spielt die Kirche als Institution für deinen Glauben?
Sie ist ein Baustein, um ihn zu verstärken. Aber sie ist nicht der Mittelpunkt, sondern ein Ort der Gemeinschaft, an dem ich meinen Glauben ausleben kann. Die Kirche und deren Mitglieder sind ein weiterer Weg, mich in meinem Glauben zu stärken und zu lenken.
Gibt es einen kirchlichen Feiertag, der dir besonders wichtig ist?
Weihnachten ist ein Fest, für das ich sehr dankbar bin, weil es die Gemeinschaft extrem fördert. Aber die herzlichste Verbindung zum Glauben spüre ich an Ostern. Die Geschichte der Auferstehung berührt mich sehr, ich bin in dieser Zeit wirklich ganz besonders emotional.
Wie hilft dein Glaube dir ganz konkret, im Sport wie auch im Alltag?
Es tut mir einfach sehr gut, an Wettkampftagen zu beten. Vor einem Wettkampf lese ich gern in der Bibel, um mich auf mich und die Beziehung zu Gott zu konzentrieren. Das ist wie die berühmte Ruhe vor dem Sturm, ich setze damit den Ton für den Wettkampf. Währenddessen suche ich ebenfalls die Verbindung zu Gott, durch Fürbitten, aber auch durch Lobpreisung mit Gesang. Und nach dem Wettkampf danke ich für alles, was er mir ermöglicht hat. Im Alltag ist das Erste, was ich tue, mich am Morgen dafür zu bedanken, dass ich aufgewacht bin, denn auch das ist nicht selbstverständlich. Vor dem Schlafengehen danke ich für den Tag.
Betest du lieber allein oder in Gemeinschaft?
Beides gefällt mir. Ich bin sehr dankbar, dass Yemisi Ogunleye (Kugelstoß-Olympiasiegerin von Paris, d. Red.) ihren Glauben ebenfalls sehr offen lebt. Mit ihr bete ich sehr oft gemeinsam oder lese Bibelverse, besonders während Meisterschaften und Trainingslagern, und das tut mir sehr gut.
Welche Rolle spielen Seelsorger außerhalb deiner kirchlichen Gemeinschaft, die zum Beispiel bei großen internationalen Sportveranstaltungen vom DOSB entsandt werden?
Ich finde das eine coole Sache, dass es so etwas gibt. Aber ich gestehe, dass ich davon in Paris erst sehr spät erfahren habe. Ich glaube, dass es vielen so geht, weil der Fokus so klar auf den Sport gerichtet ist und die, die gläubig sind, ihre eigenen Rituale haben. Deshalb kann ich persönlich nicht viel zu dieser Frage sagen, ich schließe aber keinesfalls aus, diese Dienste zukünftig in Anspruch zu nehmen.
Welche Erfahrungen hast du mit Sportler*innen anderer Konfessionen im Hinblick auf den Umgang mit Religion gemacht?
Noch nicht viele. Wenn es sich mal ergibt, redet man darüber, und natürlich fällt mir auf, dass viele aus ihrem Glauben Kraft schöpfen. Aber mit anderen Konfessionen hatte ich im Sport noch nicht viele Berührungspunkte. Viel häufiger kommt es vor, dass ich mit Menschen rede, die gar nicht glauben. Viele von ihnen können nur schwer verstehen, welchen Wert und Einfluss der Glaube für mich hat, aber man findet zumeist trotzdem zueinander, kann gegenseitiges Verständnis erlernen und einüben. Ich hatte zum Beispiel schon einige interessante Gespräche mit Ärzten, die aus der Wissenschaft kommen und sich mit dem Glauben sehr schwer tun. Als ich mich verletzt habe, schrieb mir einer dieser Ärzte, dass er nun viel besser nachvollziehen könne, wie mir mein Glaube in so einer Krise helfen kann.
„Sport und Kirche sind die wichtigsten Antidepressiva, die wir haben“
DOSB: Frau Lüke, Herr Latzel, worin sehen Sie die wichtigsten gesellschaftlichen Werte, die Kirche und Sport heute verkörpern?
Katja Lüke: Kirche und Sport stehen für etwas sehr Fundamentales: für den Menschen. Für seine Würde, seine Rechte, seine Zugehörigkeit zur Gemeinschaft. Wir im Sport erleben täglich, was Gemeinschaft bedeutet, wenn Menschen verschiedenster Herkunft zusammen auf dem Platz stehen, sich im Wettkampf begegnen oder sich im Ehrenamt engagieren. Für mich sind die wichtigsten Werte Fair Play und Gerechtigkeit. Der Sport ist eine Bewegung für Zusammenhalt, genauso wie die Kirche. Was uns verbindet, ist die klare Ausrichtung auf Gemeinwohlorientierung, Teilhabe und Verantwortung füreinander. Das sind keine Floskeln - das ist das Rückgrat einer offenen, demokratischen Gesellschaft.
Thorsten Latzel: Im Sport lernt man neben Gemeinschaft auch einen regelbasierten Wettkampf und die Freude am zweckfreien Spiel. Das sind Dinge, die auch für uns als Kirche wichtig sind. Als Glaubensgemeinschaft zeichnet uns das Vertrauen auf Gott und die Liebe zum Mitmenschen aus, sie ist prägend, selbst gegenüber dem Gegner. Mit anderen zu erleben, dass ich von Gott tiefengeliebt bin und dass es im Leben zugleich um mehr geht als nur um mich selbst, darum geht es in der Kirche. Und davon können Menschen auch etwas im Sport erfahren. Hier wie dort erleben Menschen, die neu dazukommen, Lebensfreude, Gemeinschaft und Integration. Es zählt der Mensch einfach als Mensch. Und wir lernen, warum es gut und wichtig ist, sich einander zuzuwenden.
Wie hat sich das Ansehen der beiden Institutionen im Laufe dieses Jahrhunderts verändert und worin liegt diese Veränderung begründet?
Latzel: Im Sport sehe ich verschiedene Veränderungen. Der Spitzensport erlebt eine weiter zunehmende Kommerzialisierung, im Breitensport sehen wir eine hohe Pluralisierung von Sportarten, Vereinssport spielt weiter eine wichtige Rolle, zugleich wird er zum Teil von kommerziellen Anbietern überlagert, wo soziale Werte keine so große Rolle mehr spielen. Auch in den Kirchen erleben wir tiefgreifende Veränderungen. Ein traditionelle Kirchenbindung geht zurück, zugleich gibt es ein wachsendes Bedürfnis nach Sinnstiftung. Viele Menschen nehmen die Welt als „verrückt“ wahr und suchen Orientierung für ihr eigenes Leben. Es ist längst nicht mehr selbstverständlich, dass in den Familien der Glaube weitergegeben wird. Deshalb stehen wir immer wieder aufs Neue vor der Aufgabe, jüngeren Generationen Hoffnung zu vermitteln und sie für ein Miteinander zu begeistern. Wir müssen jeden Jahrgang neu gewinnen.
Lüke: Die Menschen schauen heute genauer hin - und das ist gut so. Gesellschaftliche Akteure wie Kirche und Sport stehen zu Recht unter Beobachtung: Wie ernst nehmen wir unsere Werte? Wie glaubwürdig leben wir sie? Es geht nicht mehr nur darum, dass Siege errungen werden, sondern wie. Der Sport wird nicht mehr nur an Leistung gemessen. Wir spüren, dass unsere Stimme Gewicht hat – gerade wenn es um Menschenrechte, Vielfalt oder Integration geht. Gleichzeitig wissen wir: Vertrauen entsteht durch Haltung. Und durch das, was wir tun, nicht nur sagen. In dieser Hinsicht hat der Sport in den vergangenen Jahren stark an Profil und Stimme gewonnen – nicht trotz der Herausforderungen, sondern durch sie.
Latzel: Diese höhere Sensibilisierung ist wichtig. In beiden Bereichen kommen sich Menschen sehr nah. Im Sport körperlich, in der Kirche etwa in der Seelsorge. Umso wichtiger ist die konsequente Achtung von Grenzen. Wir müssen den Blick schärfen, zum Beispiel bei Fragen zu Diversität, zu Schutzkonzepten und beim Bewusstsein für Grenzverletzungen. Da verändern sich im Sport Haltungen, wie wir im vergangenen Jahr gesehen haben, als der spanische Fußball-Präsident Luis Rubiales eine Spielerin nach dem WM-Triumph auf den Mund küsste und dafür zu Recht zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Auch in der Kirche haben wir nicht mehr das Amtsverständnis von früher, wir schauen bewusst hin, wo Verletzungen oder Grenzüberschreitungen passieren. Unser Auftrag ist, ein möglichst sicherer Ort für alle Menschen zu sein und Fälle von Machtmissbrauch konsequent aufzuarbeiten. Machtmissbrauch hat in der Kirche wie im Sport nichts zu suchen. Es ist notwendig, dass wir uns dem bewusst stellen und die Schuld- und Schattenseiten unserer Institutionen aufarbeiten.
Lüke: Auch wir sind uns dieser Verantwortung sehr bewusst. Machtmissbrauch darf es nicht geben, deswegen entwickeln wir Konzepte wie den Safe Sport Code, den der DOSB als erste zivilgesellschaftliche Organisation in Deutschland im Dezember vergangenen Jahres auf seiner Mitgliederversammlung implementiert hat. Gemeinsam mit unseren Mitgliedsorganisationen arbeiten DOSB und dsj daran, Schutzmaßnahmen im Sport weiter zu stärken und ein sicheres Umfeld für alle Beteiligten zu schaffen. Der Safe Sport Code wird vom DOSB als sportartübergreifendes Musterregelwerk für alle Verbände und Vereine im organisierten Sport zur Verfügung gestellt, damit diese ihn für sich nutzen können. Die Einführung des Codes sendet ein Zeichen an potenzielle Täter*innen und Betroffene, dass Gewalt im Sport keinen Platz hat und bei uns nicht toleriert wird.
Event-Inklusionsmanager*in im Sport: Louis Kleemeyer
Seit 2023 ist Louis Kleemeyer beim Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband (adh) als Event-Inklusionsmanager (EVI) angestellt und begleitet die Ausrichtung der Rhine-Ruhr 2025 FISU World University Games, die Weltspiele der Studierenden. Neben 18 olympischen Disziplinen wird dort 2025 mit 3x3 Rollstuhlbasketball erstmals eine Para Sportart ins Wettkampfprogramm aufgenommen. Das allein macht aber keine inklusive Veranstaltung aus. Das Inklusionsteam der Rhine Ruhr 2025 zieht im Hintergrund die Fäden, um die Teilhabe und das Eventerlebnis für möglichst alle zu schaffen.
Generell, so Kleemeyers Eindruck, könne der Hochschulsport dennoch offener werden für Menschen mit Behinderungen: Seine Hoffnung sei, dass die Ideen, die kurzfristig für die FISU World University Games entstehen, langfristig Anwendung im adh finden.
Sein Know-how wolle er auch danach bei weiteren großen Sportveranstaltungen einbringen. Schon jetzt liebäugelt er mit den Special Olympics World Winter Games, die 2029 in der Schweiz stattfinden.
Fit für das Deutsche Sportabzeichen? - Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick
Jedes Jahr legen Hunderttausende Menschen in Deutschland das Deutsche Sportabzeichen ab - als persönliche Herausforderung, als Teamerlebnis oder im Rahmen von Schule, Verein oder Betrieb. Doch wie funktioniert das eigentlich genau? Welche Disziplinen sind zu absolvieren? Und was sollte man vorab wissen? Wir haben die häufigsten Fragen gesammelt und verständlich beantwortet – für alle, die 2025 selbst durchstarten wollen.
1. Was ist das Deutsche Sportabzeichen?
Das Deutsche Sportabzeichen ist eine Auszeichnung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) für überdurchschnittliche sportliche Leistungsfähigkeit. Es kann von Kindern ab 6 Jahren, Jugendlichen und Erwachsenen mit und ohne Behinderungen erworben werden - unabhängig von einer Vereinszugehörigkeit.
2. Welche Disziplinen muss man absolvieren?
Die Prüfung besteht aus vier Bereichen:
• Ausdauer
• Kraft
• Schnelligkeit
• Koordination
Aus jeder Kategorie ist eine Disziplin zu absolvieren. Zusätzlich ist der Nachweis über die Schwimmfertigkeit erforderlich.
3. Welche Leistungen muss ich erbringen?
Die Anforderungen richten sich nach Alter, Geschlecht und Behinderungen. Für jede Disziplin gibt es Leistungsstufen in Bronze, Silber und Gold. Eine Übersicht über alle Anforderungen findest du unter: www.sportabzeichen.de
Generationen im Dialog - die Potenziale der Älteren im Sport
In Sportvereinen und -verbänden begegnen sich die Generationen. Meist ist es friedliches Mit- und Nebeneinander. Doch auch immer wieder keimen Konflikte auf: Warum brauchen Ältere noch Hallenzeiten am Abend? Wer hat im Verein das Sagen? Und warum können Vorstandssitzungen nicht grundsätzlich digital durchgeführt werden? Ist das Erfahrungswissen der Älteren noch gefragt oder wird ihnen gezeigt, wie sehr sie von gestern sind? Oder sind die Älteren unverzichtbar und mit ihren Zeitressourcen eine der wichtigsten Zielgruppen für die ehrenamtliche Gestaltung der Strukturen?
Ageismus - Altersdiskriminierung im Sport
Eine Dimension der Vielfalt ist das Alter und damit natürlich auch die Altersdiskriminierung. Der sog. Ageismus tritt dann auf, wenn Menschen aufgrund ihres Alters auf bestimmte Weise bewertet oder behandelt werden, obwohl die entsprechende Beurteilung oder Behandlung nicht gerechtfertigt ist. Meist sind dies gefühlsmäßige Bewertungen, wie z.B. dass die Jüngeren wie die sog. Generation Z nicht mehr arbeiten will oder ältere Menschen grundsätzlich nicht gut hören, nicht schnell begreifen und deshalb keine Neuerungen zulassen.
Altersvielfalt als Chance
Dabei ist das Alter heute mindestens so vielfältig wie andere Lebensphasen. Auch wenn es oftmals mit negativen Vorstellungen und Defiziten verbunden wird: Viele Ältere wollen und können ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten auch noch im hohen Alter einbringen. Deshalb gehören Altersgrenzen für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten oder die Verweigerung des Zugangs zu Dienstleistungen auf den Prüfstand. Ältere haben ein Recht auf gleiche Chancen und auf eine respektvolle Behandlung in allen Lebensbereichen, auch wenn in unserer Gesellschaft das Leitbild des leistungsfähigen, fitten, flexiblen und jederzeit verfügbaren Menschen dominiert. Aktuell kämpft die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) dafür, dass das Wort „Lebensalter“ in den Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen wird.
Ein Beispiel hierfür ist die Digitalisierung, die sehr positiv ist, wenn sie nutzerfreundlich und zugänglich gestaltet wird. Allerdings muss gesichert sein, dass Menschen, die analoge Zugänge zu Informationen und Dienstleistungen benötigen, diese auch bekommen. Eine „Digital-only-Strategie“, wie sie vom bisherigen Digitalminister Wissing gefordert wurde, schließt Menschen von der Teilhabe am öffentlichen Leben aus.
Die Ressource der Älteren
Doch die Älteren sind nicht nur die „Verlangsamungsbremse“ in einer sich rasend schnell wandelnden Gesellschaft, gerade sie bringen wichtige Ressourcen ein, um eine für alle Generationen lebenswerte Zukunft mitzugestalten. Sie haben gelernt, mit Belastungen umzugehen, Unsicherheiten auszuhalten und Widerstände zu überwinden. Sie können mit der daraus gewonnenen Resilienz Jüngeren Mut machen, mit Veränderungen, Einschränkungen und Verlusten umzugehen und zu vermitteln, dass es sich lohnt, mit Zuversicht und Selbstvertrauen an Aufgaben heranzugehen, für die es noch keine erprobten Lösungen gibt. Sie wissen, dass es sich auszahlt, auch bei Rückschlägen und Scheitern nicht aufzugeben, sondern für Verbesserungen zu kämpfen. Allerdings sind die Älteren nicht nur die finanziell gut abgesicherten Menschen, die sich ständig auf Reisen befinden. Heute sind mehr Menschen von Altersarmut bedroht als vor zehn Jahren. Altersarmut verhindert soziale Teilhabe und führt nicht selten zu Isolation und Einsamkeit. Auch finanziell schlechter gestellte Menschen sollten die Chance haben, Angebote in den Sportvereinen zu nutzen.
Das Alter ist eine Lebensphase mit besonderen Bedürfnissen und Herausforderungen, Kompetenzen und Ressourcen - womit der Brückenschlag zur Jugend schon gegeben ist. Und alt werden wollen wir doch schließlich alle…..
Ein Elfjähriger berührt die Sportfans im Herzen
Jürgen Klopp in den Schatten zu stellen, das ist eine Herkules-Aufgabe. „The normal one“, wie sich die deutsche Fußballtrainer-Legende 2015 bei Amtsantritt in Liverpool selbstironisch bezeichnet hatte, ist es gewohnt, mit seiner Eloquenz und Präsenz alle zu überstrahlen. Am Donnerstagabend jedoch, da kam Herkules in Gestalt eines elfjährigen Jungen daher. Noah Steinert, Schüler aus Ilmenau in Thüringen, berührte die 130 Gäste, die anlässlich der Verleihung des Fair Play Preises des Deutschen Sports zum „Biebricher Schlossgespräch“ nach Wiesbaden gekommen waren, im Herzen. Als er mit seinem Freund Karl Sauerbrey auf der Bühne in der Rotunde des Schlosses die Momente schilderte, die ihn zum Hauptpreisträger des Abends gemacht hatten, konnte jeder nachvollziehen, was Laudatorin Michelle Kroppen zuvor in Worte gefasst hatte: „Du hast alle inspiriert, die von deiner Geschichte gehört haben. Du hast mich und viele andere ins Herz getroffen.“
Noah war am 29. Mai des vergangenen Jahres beim Sportfest der Staatlichen Grundschule „Thomas Müntzer“ in Ilmenau im Crosslauf um den Ententeich in der Führungsgruppe gelaufen, hatte dann aber in der zweiten von drei Runden auf seinen angeschlagenen Mitschüler Karl gewartet, um ihm ins Ziel zu helfen. Seine Siegchancen büßte Noah damit zwar ein. Die Herzen vieler Sportfans aber hat er mit seiner Aktion gewonnen. „Ein Grundschüler, der seinen sportlichen Erfolg unterordnet, um einem verletzten Freund zu helfen: Das ist eine zugleich bemerkenswerte wie berührende Geste, welche die Werte des Sports herausragend symbolisiert. Damit hat er schon in jungen Jahren ein vorbildliches Verhalten bewiesen“, sagte der Jury-Vorsitzende Prof. Dr. Manfred Lämmer, Vorstandsmitglied der Deutschen Olympischen Akademie (DOA), die gemeinsam mit dem Hessischen Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege (HMFG) als Ausrichter des Abends fungierte.
Michelle Kroppen hält Laudatio auf Noah Steinert
Weil Noah, der in Begleitung seiner Eltern Jana und Christoph Steinert angereist war, leidenschaftlicher Bogenschütze bei der SG 1723 Langewiesen ist, freute er sich sehr darüber, dass ihn eine zweifache Olympiamedaillen-Gewinnerin aus seinem Sport ehrte. Dabei war schwer auszumachen, wer von beiden vorher aufgeregter war. „Ich habe noch nie eine Laudatio gehalten und mag es nicht, vor vielen Menschen zu sprechen“, sagte Michelle Kroppen, die dann aber so souverän ablieferte wie im vergangenen Jahr in Paris beim Silbergewinn im Mixed. „Manchmal zeigt sich wahre Größe nicht darin, als Erster ins Ziel zu laufen. Du hast deinen Erfolg hinten angestellt und Sportlichkeit gezeigt, wie wir sie uns wünschen“, sagte sie. Das Publikum dankte mit Sonderapplaus.
Stifter des Fair Play Preises, der in der aktuellen Form seit 2011 verliehen wird und nicht dotiert ist, sind der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und der Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS), die jedes Jahr Personen oder Initiativen ehren, die Respekt, Freundschaft und Solidarität auf und neben dem Platz vorleben. Und weil auch aus dem vergangenen Jahr wieder eine Vielzahl an preiswürdigen Handlungen zur Auszeichnung vorgeschlagen war, entschied die elfköpfige Jury, neben dem Hauptpreis auch zwei Sonderpreise zu verleihen. Einen davon erhielt Jürgen Klopp (57) für seine Entscheidung, den englischen Traditionsverein FC Liverpool, mit dem er 2019 die Champions League und ein Jahr später die englische Meisterschaft sowie die Club-WM gewinnen konnte, trotz laufenden Vertrags nach der Saison 2023/24 aus freien Stücken zu verlassen, weil ihm die Energie für den zehrenden Job fehlte.
3. Bundesweiter Trikottag 2025: Danke für Eure Unterstützung!
Als Michaela Röhrbein am Dienstagmorgen um 8.20 Uhr vor die Kamera trat, zeichnete sich bereits ab, dass der Trikottag wieder seine volle Wirkung entfalten würde. Die DOSB-Vorständin war eingeladen worden, vor einem Millionenpublikum im ARD-Morgenmagazin für die 86.000 Sportvereine im Land zu werben. Eine Möglichkeit, die sie dankend annahm.
„Heute geht es um Sichtbarkeit für unsere Sportvereine“, begann Röhrbein ihr Plädoyer. Denn das ist der Kern des Trikottages: Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit und Wertschätzung für den Vereinssport an der Basis und für das, was er jeden Tag für unsere Gesellschaft leistet. Aber so sehr es am Dienstag um das Positive, das Gemeinschaftsstiftende ging, so ist der Trikottag auch dazu da, um auf die überlebenswichtigen Rahmenbedingungen hinzuweisen, die den Vereinssport am Laufen halten: „Es braucht mehr Anerkennung für das Ehrenamt und mehr Förderung für die Sportinfrastruktur im Land“, schloss Röhrbein deshalb nahtlos an.
Sportdeutschland trägt Trikot: Die Stimmen zum Trikottag 2025
Sportler*innen, Trainer*innen, Funktionär*innen, Politiker*innen und Engagierte haben am Dienstag ein gemeinsames Zeichen gesetzt – für den Vereinssport, für das Miteinander und für das Ehrenamt. In dieser Übersicht sammeln wir Stimmen aus Sportdeutschland, die zeigen, wie viel das Trikot bewegt - im Herzen wie in der Gesellschaft.
Thomas Weikert, DOSB-Präsident:
„Sport im Verein ist so beliebt wie nie, und das wollen wir am Trikottag feiern. Sportvereine sind besondere Orte, die uns zusammenbringen und die ein wertvolles Stück Gemeinsamkeit schaffen. Wir wollen darauf hinweisen, dass die Sportvereine mehr Unterstützung brauchen aus Politik und Gesellschaft. Wir alle können den Trikottag dazu nutzen, das zu würdigen und die Aufmerksamkeit darauf zu lenken.“
Michaela Röhrbein, DOSB-Vorständin Sportentwicklung:
„Heute geht es um Sichtbarkeit für unsere Sportvereine. Es braucht mehr Anerkennung für das Ehrenamt und mehr Förderung für die Sportinfrastruktur im Land.“
Christiane Schenderlein, Staatsministerin für Sport und Ehrenamt im Bundeskanzleramt:
„Das Trikot steht für Zusammengehörigkeit und Teamgeist. Zwei wichtige Säulen beim Sport und Ehrenamt. Der heutige Trikottag ist ein guter Tag, um für den eigenen Verein Flagge zu zeigen. Bei mir ist es der FC Eilenburg.“
Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Bayerischer Ministerpräsident:
„Der Tag heute steht im Zeichen des Sports. Heute ist #Trikottag - und auch im Kabinett geht’s gleich um Sport und Olympia. Ich habe zum Trikottag etwas Besonderes rausgesucht: das 125-Jahre-Shirt vom 1. FCN. Als Nürnberger bin ich seit meiner Kindheit großer Club-Fan. Mein erstes Spiel im Stadion war damals mit meinem Vater - ein Derby gegen Bayreuth.“
Alexander Schweitzer, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz:
„Der Trikottag soll sichtbar machen, was Sportvereine wie die DLRG Emmelshausen tagtäglich leisten: Sie fördern die Gesundheit, verbinden Generationen, stärken Integration und Inklusion sowie den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ohne die vielen Ehrenamtlichen wäre der Vereinssport nicht denkbar. Dafür gilt allen Beteiligten mein großer Dank.“
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF):
„Sport im Verein trägt nicht nur zur Gesundheit bei, er ist auch ein wichtiger Motor für Integration und Inklusion. Sportvereine sind Orte, an denen Menschen zusammenkommen - unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht oder sozialem Hintergrund.“
Dimitrij Ovtcharov, fünffacher Tischtennis-Olympiateilnehmer und sechsfacher Medaillengewinner:
„Sport ist für mich das Schönste, was es gibt im Leben, und deshalb möchte ich allen Vereinen in Deutschland danken. Ich bin meinem ersten Verein, dem TSV Schwalbe Tündern, mit fünf Jahren beigetreten – in einem Dorf mit 2.000 Einwohnern, in dem gefühlt alle Vereinsmitglied waren und alle gemeinsam den Sport unterstützt haben. Ohne den Vereinssport würde es diese Gemeinschaft nicht geben.“
Hannes Ocik, ehemaliger Ruderer und zweifacher Silbermedaillengewinner bei Olympischen Spielen:
„Ich trage mit Stolz den Einteiler meines Heimatvereins, der Schweriner Rudergesellschaft, um beim 3. bundesweiten #Trikottag ein Zeichen zu setzen. Sport im Verein bedeutet für mich nicht nur körperliche Fitness, sondern auch Teamgeist, Disziplin und jede Menge Gemeinschaft. Die Zeit auf dem Wasser ist für mich Ausgleich und Antrieb zugleich - und mein Verein ist dabei wie eine zweite Familie. Ein riesiges Dankeschön an alle Ehrenamtlichen und Vereinsmitglieder, die tagtäglich den Sport in Deutschland möglich machen.“
Vielfalt verbinden am Trikottag 2025
20. Mai 2025 - der nationale Feiertag für den Vereinssport. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hatte gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisationen zum dritten bundesweiten Trikottag aufgerufen. Unter dem Motto „Trikot an - Verein zeigen!“ waren alle 28 Millionen Menschen aus den bundesweiten Sportvereinen eingeladen, im Alltag - ob bei der Arbeit, in der Schule oder beim Einkaufen – die Farben ihres Vereins zu tragen und so ein sichtbares Zeichen für den Vereinssport zu setzen.
Auch das Bundesprogramm „Integration durch Sport“ (IdS), gefördert durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und dem Bundesministerium des Innern (BMI), beteiligt sich aktiv an dieser Aktion. In den rund 1.500 programmnahen Vereinen, darunter 890 Stützpunktvereine, wird täglich gelebt, wofür das Trikot steht: Zugehörigkeit, Vielfalt und Engagement. Das Trikot symbolisiert nicht nur sportliche Treue zum eigenen Verein, sondern auch gesellschaftlichen Zusammenhalt und Teilhabe.
Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist dabei: Am 20. Mai trugen die Mitarbeiter*innen Trikot - und zeigen damit nicht nur ihre Verbundenheit mit dem Sport, sondern auch ihr Engagement für Vielfalt und gelebte demokratische Werte im Verein. Als langjährige Förderer des Bundesprogramms „Integration durch Sport“ sendet das BAMF ein starkes Signal: Integration gelingt dort am besten, wo Menschen zusammenkommen - im Verein, auf dem Platz, im Trikot.
Der Trikottag bietet eine hervorragende Gelegenheit, die integrative Kraft des Sports sichtbar zu machen und die wichtige Arbeit der IdS-Vereine hervorzuheben. Ob im ländlichen Raum oder in der Großstadt - am 20. Mai hieß es deshalb: Trikot an und Vielfalt zeigen!
„Ein freier Tag ist wirklich nichts Schlimmes“
Gelöst wirkt Emma Malewski, als wir sie im Auto auf dem Weg von Chemnitz, wo sie lebt und trainiert, nach Hamburg, wo sie herkommt und ihre Familie hat, auf dem Mobiltelefon erreichen. Und das hat einen einleuchtenden Grund: Am vergangenen Freitag hat die 20-Jährige, die sich bei den European Championships 2022 in München mit ihrer Goldmedaille am Schwebebalken in die Herzen der Fans turnte, am Sportgymnasium in Chemnitz ihre letzte mündliche Abiturprüfung absolviert. „Ist nicht so gut gelaufen wie erhofft, aber ich bin froh, dass die Anspannung jetzt erst einmal abfällt und ich ein paar Tage bei meiner Familie entspannen kann“, sagt sie. Von Mittwoch an geht es dann in die intensive Vorbereitungsphase für die Saisonhöhepunkte.
DOSB: Emma, Ende des Monats steht in Leipzig die Heim-EM auf dem Programm. Warum war es für dich keine Option, dort an den Start zu gehen?
Emma Malewski: Ich hatte mir im Mai 2024 die Schulter ausgekugelt und musste im Juli wegen eines Knorpelschadens in der Schulter operiert werden. Sechs Wochen war ich in der Schiene und komplett bewegungsunfähig. Der Arzt meinte, es würde rund ein Jahr dauern, bis ich im Turnen wieder alles machen könnte, damit war das Thema EM beendet. Als nach meinen Wiedereinstieg ins Training alles gut lief, habe ich zwar doch nochmal kurz damit geliebäugelt, in Leipzig zu starten, aber durch den Abistress war ich mental ziemlich angespannt und konnte nicht so viel trainieren, wie nötig gewesen wäre, um auf das Niveau zu kommen, das man für eine EM braucht. Ich habe mir gesagt: Emma, Abi ist nur einmal im Leben! Also lag darauf der Fokus, denn eine gute Ausbildung ist für das Leben unverzichtbar. Außerdem habe ich auch gelernt, dass der Körper und die Gesundheit vorgehen sollten.
Die Schulterverletzung war ja nicht deine erste Zwangspause. 2023 hast du dir einen Tag vor der Abreise zur WM das Syndesmoseband im linken Sprunggelenk gerissen. Dein sportlicher Eintrag bei Wikipedia endet 2022. Was hast du aus dieser langen Leidenszeit mitnehmen können?
Vor allem, dass ich viel mehr bin als mein Sport. Ich war immer Emma, die Turnerin, ich dachte selbst, ich kann nur das und bin ohne meinen Sport gar nichts. Das habe ich hinter mir gelassen, ich definiere mich nicht mehr nur übers Turnen. Ich habe aber auch gelernt, wie wichtig mir mein Sport immer noch ist. Ich bin mit viel mehr Freude ins Training gegangen und habe mir neue Ziele gesteckt. Nach der Schulterverletzung hatte ich ans Aufhören gedacht, weil ich wirklich unsicher war, ob das noch einmal was werden könnte. Aber dann hat mich der Ehrgeiz gepackt, ich wollte unbedingt zurück in die Halle und wieder turnen. Ich habe gemerkt, dass ich noch nicht fertig bin. Ich weiß, dass ich dafür sehr hart arbeiten muss, denn ich habe wichtige Monate meiner Karriere verloren. Um im Sport ganz oben mitzuspielen, muss man alles danach ausrichten: Ernährung, Schlaf, Freizeit. In der Zeit, in der ich verletzt war, habe ich aber gespürt, dass ich das möchte, dass ich bereit dazu bin.
Wenn du dich nicht mehr nur über den Sport definierst: Was sind denn die Dinge, die du über dich gelernt hast, die den Menschen Emma Malewski auszeichnen und komplett machen?
Vor allem meine offene Art zu zeigen, dass ich ein ganz normales Mädchen bin, das Spaß am Leben haben möchte. Ein Mensch, der sich mit Freunden trifft, der auch mal feiern geht und Blödsinn im Kopf hat. Der nicht immer nur streng sich selbst gegenüber ist, denn dieses verkrampfte Fokussieren nur auf Leistung macht einen irgendwann kaputt. Ich kannte früher meine Grenzen nicht ausreichend, habe immer geglaubt, mehr und immer noch mehr machen zu müssen. Ich habe 13, 14 Einheiten in meine Woche gestopft, obwohl zehn die Regel sind, und mich dann gewundert, dass ich das Wichtigste manchmal nicht abrufen konnte, weil ich zu fertig war. Die erzwungene Auszeit hat mich endlich gelehrt, dass Regeneration eins der wichtigsten Elemente im Leistungssport ist. Ein freier Tag ist wirklich nichts Schlimmes, er ist sogar sehr wichtig. Das weiß ich jetzt. Ich bin ja auch älter geworden.
Das hört sich aus dem Mund einer 20-Jährigen kurios an.
Es stimmt aber, wenn man Turn-Maßstäbe anlegt. In München war ich 2022 die Jüngste im Team, ein Jahr später bei der WM wäre ich schon die Drittälteste gewesen. Und würde ich in Leipzig starten, wäre ich die Älteste. Aber vielleicht ist es passender, wenn ich sage, dass ich erfahrener geworden bin.
Die EM in München war dein Durchbruch, dennoch hat sie dich, wie du danach erzählt hast, auch überfordert. Wie schaust du heute, knapp drei Jahre danach, darauf zurück?
München war ja erst meine zweite EM im Erwachsenenbereich, die davor war gar nicht gut gelaufen. Ich war gerade erst 18 geworden, für mich war es ein Traum, dass ich neben dem Olympiateam stehen und sogar mit ihnen turnen durfte. Auf einmal gewannen wir Bronze im Team, die erste EM-Medaille für ein deutsches Frauenteam überhaupt. Schon das war für mich surreal. Als dann noch Gold am Schwebebalken dazu kam, wusste ich einfach nicht, wie ich damit umgehen sollte. Um ehrlich zu sein, habe ich es in dem Moment gar nicht verstanden. Ich habe auch nichts gefühlt, es war einfach nur überwältigend. Erst eine Woche später, im Urlaub, habe ich realisiert, dass ich Europameisterin bin. Heute bin ich extrem dankbar für diese Erfahrung. Ich habe mir damals eingeredet, dass ich die Medaille nur durch Glück gewonnen habe, dass ich gar nicht so gut bin. Aber das stimmt nicht. Sie war der Lohn für jahrelange, harte Arbeit, ich war an dem Tag auf den Punkt da, habe keine Fehler gemacht. Ich habe dieses Gold verdient. Ich konnte mir damit einen Traum erfüllen. Wie viele versuchen es, Europameisterin zu werden, und schaffen es nie? Da verbietet es sich, darüber zu klagen, dass es vielleicht etwas zu früh kam.
Du hast nach dem EM-Gold in München 2022 viel Kritik dafür einstecken müssen, dass du so viel auf Social Media unterwegs warst. Du hast das aber beibehalten und auch während der Verletzungszeit vieles aus deinem Leben preisgegeben. Warum ist dir das wichtig?
Ich habe damals viele Artikel darüber gelesen und war anfangs doch sehr getroffen, weil ich die Kritik nicht nachvollziehen konnte. Mittlerweile ist es mir längst egal. Ich bin auf Social Media so aktiv, weil ich der jungen Generation zeigen will, dass ich ein anderes Leben habe als die meisten Teenager, und dass Leistungssport auch viel mit Verzicht und Disziplin zu tun hat. Dass auch Dinge wie die Angst vorm Verlieren dazugehören, oder eben Phasen wie die der Verletzungen, in denen die Motivation im Keller ist. Mein Antrieb ist, den Jüngeren Mut zu geben, dass es wichtig ist, seine Ziele zu verfolgen. Ich bekomme dafür auch so viel Zuspruch, dass ich überzeugt davon bin, dass es keine Zeitverschwendung ist, sondern ein wichtiges Element, um andere für den Leistungssport zu begeistern und auch, um ein vollständiges Bild von sich zu zeigen.
„Integriert euch, benehmt euch, lernt die Sprache, aber vergesst eure Wurzeln nicht“
Nach Worten ringen müssen sie selten. Auch wenn es Robert und Artem Harutyunyan stets wichtiger war und ist, Leistung für sich sprechen zu lassen, halten sie Sprache für den Schlüssel zu vielem und sind um passende Antworten grundsätzlich nie verlegen. Aber auf die Frage, was an ihnen typisch armenisch sei, müssen die Brüder doch lange überlegen. Schließlich einigen sie sich auf die Herzlichkeit beim Empfang von Gästen. „In Armenien gilt noch der Grundsatz ‚meins ist deins‘. Die Schere zwischen Arm und Reich ist dort deutlich größer, aber selbst die Ärmsten teilen mit ihrem Besuch, was sie haben. Daran versuchen wir uns ein Beispiel zu nehmen“, sagt Robert, und Artem nickt zustimmend.
Die Frage nach dem, was sie mit ihrem Geburtsland verbindet, ist deshalb so interessant, weil sich ohne Überlegen einige Eigenschaften aufzählen lassen, die sie stereotypisch zu Deutschen machen. Sie sind Disziplinfanatiker, vertrauen auf Recht und Ordnung, und wer sich um 11.00 Uhr mit ihnen in einem Café verabredet, kann davon ausgehen, fünf Minuten vor der Zeit eine Nachricht mit dem Hinweis zu erhalten, dass sie bereits in der Lokalität Platz genommen haben. Robert und Artem Harutyunan, das kann man ohne Pathos oder Übertreibung sagen, sind Musterbeispiele für eine gelungene Integration. Und weil sie den allerwichtigsten Teil davon im Boxen geschafft haben, sind die Hamburger Jungs die bestmöglichen Gesprächspartner, um im Rahmen des Diversity-Monats über das Thema Integration durch Sport zu reden.
1991 kamen die Brüder aus Armenien nach Deutschland
Robert (35) und sein ein Jahr jüngerer Bruder waren Kleinkinder, als sie 1991 mit ihren Eltern aus den armenischen Kriegswirren nach Deutschland kamen. In ein fremdes Land mit einer fremden Kultur, dessen Sprache sie nicht beherrschten. „Aber unsere Eltern hatten eine klare Vision. Sie wollten sich in diesem Land integrieren und ihren Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen. Mein Vater hat sich geweigert, Geld vom deutschen Staat anzunehmen. Er wollte auf eigenen Beinen stehen und hat uns das ebenfalls gelehrt“, sagt Artem. Dazu gehörte, dass die Eltern die beiden Söhne anwiesen, überall Deutsch zu sprechen. „Sprache ist der Schlüssel zu allem, das sagen wir auch allen Menschen, die in diesen Zeiten als Geflüchtete nach Deutschland kommen“, sagt Robert.
Für die Brüder wurde der TH Eilbeck, in dem sie ihre ersten Erfahrungen im Boxen machten, zu einer zweiten Familie. „Im Sport haben wir die Werte gelernt, die uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind“, sagt Artem, der 2016 in Rio de Janeiro die olympische Bronzemedaille im Halbweltergewicht gewinnen konnte, danach ins Profilager wechselte und nach der Trennung von seinem Hamburger Promoter Universum nun in Eigenregie versucht, eine weitere WM-Chance zu erkämpfen. Robert, der seine aktive Karriere vor fünf Jahren beendete, unterstützt seinen Bruder als Manager, arbeitet zudem als selbstständiger Trainer. Auch wenn sie mittlerweile beide verheiratet sind und Nachwuchs haben, gibt es die Harutyunyans geschäftlich weiterhin nur im Doppelpack. Gemeinsam waren sie immer schon stärker, und diese Kraft war notwendig, um auch die Täler zu durchschreiten, die das Thema Integration mit sich bringt.
Event-Inklusionsmanager*in im Sport: Jenifer Sprenger
Ein bisschen gleicht der Weg von Jenifer Sprenger der Geschichte eines Pinguins, von der TV-Moderator Eckhart von Hirschhausen mal erzählte. Einem Pinguin, der sich an Land nicht immer wohl fühlt und von anderen manchmal sogar unterschätzt wird. Doch taucht der Pinguin ins Meer, verwandelt er sich in einen hervorragenden Schwimmer: elegant, flink, ganz in seinem Element. Als Jenifer Sprenger ihre Arbeit als Event-Inklusionsmanagerin (EVI) bei Special Olympics Deutschland (SOD) begann, erging es ihr wohl wie dem Pinguin.
Den entscheidenden Wendepunkt habe das SOD-Projekt LIVE (Lokal Inklusiv Verein(tes) Engagement) gegeben. In dessen Rahmen ließ sich Sprenger, genauso wie bundesweit 170 Menschen mit geistiger Behinderung, zur sogenannte Teilhabeberaterin ausbilden. Sie wurde darin geschult, inklusive Prozesse für inklusivere Sportangebote und Zugänge in Sportvereine anzuregen, dabei zu beraten und mitzugestalten. So wurde sie auch auf das EVI-Projekt aufmerksam.
DOSB-Präsident Weikert würdigt Friedhelm Julius Beucher
Der Applaus wollte kaum abebben. Zum Ende eines denkwürdigen Verbandstags des Deutschen Behindertensport-Verbands (DBS) am Samstag im Hotel Scandic in Berlin erhoben sich all jene der rund 100 Delegierten, denen es möglich war, um Friedhelm Julius Beucher ihren Respekt zu zollen. Nach 16 Jahren Amtszeit als Präsident war der 78-Jährige nicht mehr zur Wiederwahl angetreten und für seine außerordentlichen Verdienste einstimmig zum Ehrenpräsidenten ernannt worden. "Wir haben gemeinsam schon sehr viel erreicht, aber auch noch richtig viel zu tun. Danke, lieber Friedhelm, für alles, was du für uns getan hast. Du hast es immer krachen lassen, egal ob mit Fahne und Kuhglocke an der Wettkampfstrecke, bei der Feier danach oder bei der Unterstützung durch Politik und Wirtschaft, die du maßgeblich vorangetrieben hast“, sagte Verena Bentele, Vizepräsidentin des DOSB und zwölfmalige Paralympicssiegerin im Skilanglauf und Biathlon, in ihrer Laudatio.
Bildung stärken - Engagement entwickeln - Zukunft gestalten
Unter dem Motto „Bildung stärken - Engagement entwickeln - Zukunft gestalten“ ging es darum, gemeinsam über die Zukunft der Bildung im organisierten Sport nachzudenken und zu diskutieren.
Ein absolutes Highlight war der Talk zur „Zukunftsressource Bildung“ mit Michaela Röhrbein (Vorständin Sportentwicklung, DOSB), Marco Lutz (stv. Vorstandsvorsitzender, LSB Niedersachsen) und Thomas Braun (Vorstand Sportentwicklung und Bildung, Deutscher Skiverband). Die drei machten deutlich, wie wichtig Bildung als Grundlage für Engagement ist.
In den Workshops drehte sich alles um die Frage: „Wie entwickeln wir unsere Ausbilderinnen für die Anforderungen der Zukunft?“ Gemeinsam reflektierten wir unser Ausbildungsverständnis, betonten die Schlüsselrolle von Ausbilder*innen und erarbeiteten, wie kompetenzorientierte Lernbegleitung aussehen kann. Auch das Thema „Digitale Anteile in der DOSB-Lizenzausbildung“ wurde heiß diskutiert.
Aber nicht nur der fachliche Input stand im Vordergrund. Es gab auch jede Menge Gelegenheiten zum Austausch und Netzwerken: Ob bei coffee&connect, dem World-Bildungs-Café oder dem gemütlichen Bildungscommunity-Abend mit Flammkuchen im Innenhof des LSB Niedersachsen - der persönliche Kontakt kam nicht zu kurz.
Ein besonderes Highlight am zweiten Tag war der inspirierende Vortrag von Dr. Marc Calmbach zum Thema „Engagement im Sport“, der alle mit fundierten Erkenntnissen und Begeisterung mitriss.
Das Fachforum Bildung 2025 war geprägt von einer kollegialen Atmosphäre, spannenden Diskussionen und dem gemeinsamen Ziel, die Bildung im Sport weiterzudenken und zu stärken. Wir freuen uns schon auf das nächste Wiedersehen und darauf, die Zukunft der Bildung gemeinsam mit der Bildungscommunity zu gestalten!
Miteinander gegen Homo, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (im Sport) - heute und an allen Tagen!
Ziel des Aktionstags ist es, auf die Diskriminierung aufmerksam zu machen, mit der lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter*, queere, asexuelle sowie weitere Menschen vielfältiger sexueller und geschlechtlicher Identitäten (LSBTQIA+) in unserer Gesellschaft konfrontiert sind. Er soll das Bewusstsein für bestehende Hürden schärfen und zugleich den unermüdlichen Einsatz von Betroffenen und ihren Allies würdigen, die sich täglich für Gleichberechtigung und Akzeptanz einsetzen.
Auch im Sport sind queere Personen Diskriminierung und exkludierenden Strukturen ausgesetzt. Diese reichen von der alltäglichen Verwendung homo-, bi-, inter- und transfeindlicher Sprache bis hin zu begrenzten Möglichkeiten der Wettkampfsteilhabe für trans*, inter und nicht-binäre Personen. Im Sinne der olympischen Werte ist es ein Anliegen des DOSB, dass alle Menschen am Sport teilhaben können und sich dabei sicher und willkommen fühlen. Der DOSB setzt sich dafür ein, Teilhabe auch für die Menschen zu ermöglichen, die bisher noch keinen Platz im Sport gefunden haben.
Queere Sportvereine und -organisationen spielen eine elementare Rolle in der Verbesserung der Situation der LSBTQIA+-Community im Sport. Bereits seit Jahrzehnten schaffen sie Angebote, die vielen queeren Menschen die gleichberechtigte Teilhabe am Sport ermöglichen. Damit zeigen sie nicht nur auf niedrigschwellige Art und Weise wie Lösungen aussehen können, sondern leisten auch wichtige Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit.
Damit möglichst viele Organisationen von den Erfahrungen queerer Sportvereine profitieren können, unterstützt der DOSB Formate wie die Bundesnetzwerktagung des queeren Sports (BuNT), bei der die unterschiedlichen Stakeholder aus der LSBTQIA+-Community und dem Sport zusammenkommen und voneinander lernen. Die BuNT 2025 findet dieses Jahr vom 14. - 16. November 2025 in der Sportschule Hessen statt.
Auch von der Deutschen Bundesregierung der 20. Legislaturperiode wurde die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt im Sport als relevantes Handlungsfeld erkannt und im Aktionsplan “Queer leben” aufgegriffen. Als Teil der dazugehörigen Arbeitsgruppe Sport brachte der DOSB zusammen mit der dsj seine Expertise mit ein. Im Rahmen des Aktionsplans läuft aktuell die Kampagne “Was ist queer” zur Steigerung der Akzeptanz und Sichtbarkeit von queeren Menschen - ein wichtiger Schritt, um den Rückhalt und die Solidarität für die LSBTQIA+ Community zu stärken. Der DOSB begrüßt dieses Engagement und fordert, dass diese wichtige Arbeit in der aktuellen 21. Legislaturperiode fortgesetzt wird und die erarbeiteten Inhalte Berücksichtigung finden.
Insbesondere in der aktuellen Zeit, in der homo-, bi-, inter- und transfeindliche Narrative und rückschrittliche Ideologien zunehmend Gehör finden und Gewalt an queeren Personen in der Gesellschaft zunimmt, ist es wichtig, sich für die Rechte, die Sicherheit und die Inklusion der LSBTQIA+-Community stark zu machen - im Sport und darüber hinaus.
Wie der Sport zum Klima-Kompetenzraum werden will
„Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber du kannst lernen, auf ihnen zu surfen.“ Dem US-amerikanischen Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn, der als Dozent für Achtsamkeitsmeditation bekannt wurde, wird dieses Zitat zugeschrieben, und dafür gebührt ihm Dank, denn sein Satz beschreibt perfekt das Gefühl, mit dem am Donnerstagabend die rund 130 Gäste der Konferenz zum Thema „Klimaanpassung im Sport“ den Lichthof des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) an der Berliner Stresemannstraße verlassen konnten. Die unumkehrbaren Folgen des Klimawandels zwingen zur Anpassung, aber sie ist möglich - das war die Quintessenz des vom Ministerium und dem DOSB gemeinsam veranstalteten Symposiums, die Professor Sven Schneider von der Medizinischen Fakultät der Universität Mannheim in seinen Worten perfekt zusammenfasste: „Das Meiste, was nötig ist, wissen wir längst, wir haben aber ein Umsetzungsdefizit und müssen jetzt ins Handeln kommen.“
Um die dafür notwendigen Impulse zu geben, hatten das BMUKN und der DOSB die Konferenz, die vom Bundesumweltministerium aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert wurde, als Teil eines seit Oktober 2024 und noch bis Juli dieses Jahres laufenden Projekts zur Klimaanpassung im Sport umgesetzt. „Wir arbeiten schon seit vielen Jahren an Themen zum Klimaschutz, aber die Klimaanpassung ist für uns noch ein relativ neues Feld, das sich erst vor zwei Jahren herauskristallisiert hat“, sagte Bianca Quardokus, seit 16 Jahren Referentin im von Christian Siegel geleiteten DOSB-Fachressort „Sportstätten und Umwelt“, die beide für die inhaltliche Planung und die Kooperation mit Michael Kracht und Joachim Hummel aus dem BMUKN-Referat für Nachhaltigkeit im Sport und Tourismus und deren Team verantwortlich waren. „Deshalb sind wir sehr froh, dass wir gemeinsam diese Konferenz auf die Beine gestellt haben.“
In den vergangenen 200 Jahren stieg die Temperatur um drei Grad an
Bevor sich am Donnerstagvormittag jedoch der Optimismus Bahn brechen konnte, mussten die Gäste aus Politik, Umweltorganisationen, Verwaltung und diversen Mitgliedsorganisationen des DOSB die volle Breitseite der Klimarealität verkraften. Nachdem Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im BMUKN, und DOSB-Vizepräsidentin Verena Bentele in ihren Grußworten die Bedeutung der Thematik herausgestrichen hatten, referierte Dr. Marc Olefs, Klimafolgenforscher vom Institut Geosphere Austria, zu den Folgen des menschengemachten Klimawandels. Seine Fakten zur Erderwärmung, die niemanden kalt lassen können: Seit dem Start der Messung der Erdenergiebilanz vor 25 Jahren erhitzt sich unser Planet mit der Energie von elf Hiroshima-Atombomben – und das pro Sekunde. Während seit der letzten Eiszeit bis zur Industrialisierung im 18. Jahrhundert die Temperatur binnen 10.000 Jahren um sechs Grad zunahm, beträgt die Steigung seitdem drei Grad innerhalb von 200 Jahren. „Europa hat sich seit 1980 am stärksten erwärmt, weil die Sonnenscheindauer um 15 Prozent zugenommen hat. Hitze ist hier die tödlichste Naturgefahr“, sagte Olefs.
Die Folgen dieser Veränderung spüren Sportler*innen in vielen Bereichen. Um schneesicher Wintersport betreiben zu können, braucht es immer höhere Berglagen in einem kleiner werdenden Zeitfenster. Aber auch im Sommer nehmen die Belastungen rapide zu. Wettkämpfe müssen wegen zu hoher Temperaturen in die frühen Morgen- oder späten Abendstunden verlegt oder gar ganz abgesagt werden. Auch Unterbrechungen oder Ausfälle von Veranstaltungen wegen Starkregens oder Gewitters sind immer häufiger zu beobachten. Im April drohte die WM-Qualifikation der Wildwasserkanut*innen in Augsburg auszufallen, weil der Eiskanal zu wenig Wasser führte. Aber aus all diesen Beispielen konnte Marc Olefs den Umschwung ins Positive ableiten. „Der Sport hat eine enorme Anpassungskapazität, die wir bewusst voranbringen können. Sport kann ein Klima-Kompetenzraum werden“, sagte er.
Wie das gelingen kann, sollte im Anschluss an seinen Impulsvortrag in verschiedenen Modulen erarbeitet werden. Unter der so launigen wie fachlich fundierten Moderation des österreichischen Para-Schwimmers Andreas Onea diskutierte Olefs zunächst mit Ralf Roth, Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln, über das dringend notwendige Erreichen einer breiten Zielgruppe im Sport für das Thema Klimaanpassung. „Wer nicht versteht, dass der Klimawandel mit unserem Auftrag im Sport, die Gesellschaft in Bewegung zu bringen, zusammengedacht werden muss, hat ein großes Problem“, sagte Roth, „wir müssen den Wandel aber mit den Menschen gemeinsam gestalten. Wir müssen im Netzwerk denken und uns klarmachen, dass wir Teil dieser Transformation sind. Aber wir müssen auch Zuversicht ins System geben, um die Herausforderungen anzugehen.“
Team Deutschland und Samsung bringen gemeinsam mit „Solve for Tomorrow“ Sportsgeist in die Start-up-Welt
Unter dem Motto „Sport & Tech“ fördert Samsung in der sechsten Ausgabe des Programms junge Talente, die durch innovative Ideen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen wollen. Ein zentrales Element der aktuellen Runde ist die Partnerschaft mit Team Deutschland und Team Deutschland Paralympics, die das Programm mit ihrer Expertise bereichern. Federführend in der Umsetzung der Kooperation ist die Deutsche Sport Marketing (DSM) als Vermarktungsagentur von DOSB und DBS, die die Aktivierungsstrecke zudem mit dem Inhouse-Produktions-Team der „Team D Studios“ medial begleitet und Content zur Ausspielung auf den Kanälen von Samsung sowie der beiden Teams erstellt.
Der erste Aufschlag der diesjährigen Ausgabe fand an der Deutschen Sporthochschule Köln statt. Gemeinsam mit dem Team Deutschland, dem Team Deutschland Paralympics lud Samsung rund 30 Student*innen zum interaktiven Kick-off ein. Neben Workshops standen Input-Sessions, Teamarbeit und Pitch-Phasen im Fokus, um wirkungsvolle Ideen zu entwickeln. Inspirierende Einblicke aus dem Spitzensport lieferten Paralympics-Star Anna-Lena Forster und Skibergsteiger Finn Hösch, die ihre Erfahrungen in Sachen mentale Stärke, Resilienz und Teamgeist teilten. So wurde der Spirit des Sports greifbar - nicht nur auf der Piste, sondern auch im Gründungsprozess.
„Sport lebt von Bewegung - nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch im Denken. Innovationen im Sport sind essenziell, damit wir viele Menschen erreichen und mitnehmen können. Deshalb sind wir aus Überzeugung bei Solve for Tomorrow am Start. Junge Menschen bringen frische Perspektiven und technologische Neugier mit - beides brauchen wir, um den Sport der Zukunft gemeinsam zu gestalten“, so Claudia Wagner, Managing Director von Deutsche Sport Marketing.
Das Programm bietet jungen Menschen im Alter von 16-25 Jahren die Chance, ihre Ideen zu entwickeln und mit Unterstützung von Mentorinnen und Expertinnen in die Realität umzusetzen. Die Bewerbungsphase läuft bis zum 16. Juni 2025. Die Gewinner-Teams erwartet ein besonderes Highlight: Sie werden ihre Projekte im Deutschen Haus in Cortina während der Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2026 präsentieren.
Interessierte können sich unter diesem Link für „Solve for Tomorrow“ bewerben und Teil einer Bewegung werden, die Sportgeist und technologische Innovation vereint.
VDS-Nachwuchspreis 2025: Bewerbungen ab sofort möglich!
Wie steht es um den Sport in Schule und Universität in Deutschland, was sind die Herausforderungen, wo liegen die Chancen? Wie können junge Menschen in Schule und Universität zum Sporttreiben und einem aktiven Lebensstil animiert werden? Diesen und weiteren Fragen soll im Rahmen des diesjährigen VDS-Nachwuchspreises nachgegangen werden.
Eingereicht werden können Beiträge zum Thema „Schul- und Universitätssport in Deutschland - Chancen und Herausforderungen“ in allen Darstellungsformen und aus allen Kanälen. Sowohl Zeitungsbeiträge, TV- oder Videobeiträge, Online-Veröffentlichungen wie Blog-Beiträge oder Hörfunkberichterstattung sind möglich. Mitmachen können sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen. Teilnahmeberechtigt sind Nachwuchsjournalist*innen der Jahrgänge 1998 oder jünger. Die Mitgliedschaft im VDS ist nicht erforderlich.
Der VDS-Nachwuchspreis wird vom DOSB mit insgesamt 4.500 Euro gefördert. Eine fünfköpfige Jury bewertet die eingereichten Beiträge, die drei besten Beiträge werden ausgezeichnet.
Teilnahmebedingungen für den vom DOSB geförderten VDS-Nachwuchspreis:
- Der Beitrag muss zwischen dem 1. Januar und 31. Dezember 2025 veröffentlicht worden sein.
- Die Entscheidung der Jury ist endgültig und unanfechtbar. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Eine Rücksendung eingesandter Datenträger erfolgt nicht.
- Bei der Definition von Sport gilt die DOSB-Satzung und es sind die ethischen Maßstäbe des DOSB zugrunde zu legen.
- Die Teilnahme am VDS-Berufswettbewerb setzt voraus, dass die vorstehenden Bedingungen anerkannt werden. Arbeiten können abgelehnt werden, wenn sie nicht der Ausschreibung entsprechen.
- Die prämierten Beiträge werden ausschließlich für den Wettbewerb und seine publizistische Auswertung durch den VDS und den DOSB genutzt.
- Die Teilnehmer können keinen Anspruch auf Honorar erheben.
- Einsendeschluss für die VDS-Berufswettbewerbe ist der 31. Januar 2026.
Einsendungen sind per E-Mail, mittels WeTransfer o.ä. möglich und müssen enthalten:
- Eine Mail mit Angaben von Autor*in, Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum, und Erscheinungsdatum.
- Texte: das Druckexemplar des Artikels als .pdf per E-Mail an vds-nachwuchs(at)sportjourna-list.de
- Online-Beiträge: der Link zum Artikel per E-Mail an vds-nachwuchs(at)sportjournalist.de
- TV-, Video- und Hörfunkbeiträge: als Download-Link (z.B. wetransfer) an vds-nachwuchs(at)sportjournalist.de
Die Einsendungen sind zu richten an:
Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) e.V.
VDS-Nachwuchspreis
E-Mail: vds-nachwuchs(at)sportjournalist.de
Eine Familie, die im Karate für die Goldmomente sorgt
Als die Titelverteidigung perfekt war, hatte Mia Bitsch eine Eingebung, die sie unbedingt mit ihrem Bruder teilen wollte. „Ich habe zu ihm gesagt: Vielleicht hat das Training im Urlaub auf den Parkplätzen doch etwas gebracht“, erzählt die 21-Jährige zwei Tage nach ihrem Triumph bei der Karate-EM in Armeniens Hauptstadt Jerewan, wo sie im Finale der Gewichtsklasse bis 55 Kilogramm die Luxemburgerin Jennifer Warling mit 4:1 bezwungen hatte. Ihr Bruder Noah Bitsch (35) ist Bundestrainer der Frauen und Männer, er hat also durchaus einen Anteil an ihren Erfolgen. Aber für die Übungseinheiten im Urlaub war Vater Klaus verantwortlich, und deshalb ist dies die Geschichte einer Familie, die die in China wurzelnde und in Japan zum Wettkampfsport entwickelte Kampfkunst in Deutschland prägt wie kaum eine andere.
An ihre Anfänge im mit rund 145.000 Aktiven mitgliederstärksten deutschen Kampfsport kann Mia sich nicht erinnern, schließlich wurde sie schon mit 26 Tagen im Verein Bushido Waltershausen angemeldet, den ihre Eltern in der Kleinstadt im Landkreis Gotha in Thüringen, wo die Familie auch lebt, führen. „Ich hatte keine andere Wahl. Mit zwei Jahren stand ich erstmals in der Trainingshalle“, sagt sie. Die Liebe zum Karate entwickelte sich allerdings schnell dahingehend, dass sie auch keine Wahl mehr benötigte. Weil nicht nur Noah, sondern auch ihre Schwester Jana (34), die heute den Nachnamen Messerschmidt trägt, in die Weltklasse vorstießen, hatte sie die besten Vorbilder täglich vor Augen. „Meine Geschwister waren meine Idole, ich wollte unbedingt so sein wie sie“, sagt sie. Als Jana, die ebenfalls im 55-kg-Limit antrat, nach den Olympischen Spielen von Tokio 2021, wo Karate einmalig ins Olympiaprogramm aufgenommen worden war, ihre Karriere beendete, scherzten die beiden darüber, „dass ihre Gegnerinnen sich bestimmt erst gefreut haben, dass sie weg war, und sich dann umso mehr ärgerten, dass die nächste Bitsch schon wartete.“
Es nun tatsächlich auch im Erwachsenenbereich in die Weltspitze geschafft zu haben – aktuell steht Mia auf Rang drei der Weltrangliste –, erscheint der Sportsoldatin, die ein Studium für Sport- und Eventmanagement beginnen will, noch immer ein wenig surreal. Neben dem zweiten EM-Einzeltitel gewann sie in Jerewan auch Gold mit dem Team, ohne allerdings einen Kampf bestritten zu haben, weil aus dem Fünfer-Aufgebot nur je drei Kämpferinnen pro Duell benötigt werden und der Fokus auf die schwereren Gewichtsklassen gelegt wurde. „Aber ich habe von außen unterstützt und fühlte mich als Teil des Teams“, sagt sie. Auch wenn Karate grundsätzlich ein Einzelsport ist, hat Mia ein funktionierendes Umfeld sehr früh schätzen gelernt und als extrem bereichernd empfunden. „Vor allem, dass mein Bruder so eng an meiner Seite ist, hilft mir sehr“, sagt sie. Weil ihr Vater im Juniorinnenbereich Bundestrainer war und Mutter Bianca als „größter Fan und mit offenem Ohr für alles“ bei allen Kämpfen dabei ist, habe sie nie ohne ihre Familie kämpfen müssen. „Das bedeutet mir sehr viel, es gibt mir Kraft und Sicherheit“, sagt sie.
„Gleiches Geld für gleiche Leistung - das sollte selbstverständlich sein!“
DOSB: Janne, du hast im Jahr 2022 die Initiative „Equal Equest“ mitgegründet, in der du dich mit vielen weiteren Größen des Pferdesports für Geschlechtergerechtigkeit einsetzt. Was war der Auslöser für die Gründung?
Janne Friederike Meyer-Zimmermann: Im Januar 2022 hatte ich meinen Sohn Friedrich zur Welt gebracht und wollte dann im Mai wieder in den Turnierbetrieb zurückkehren. Was ich nicht wusste: Die Regelung, dass 50 Prozent der Weltranglistenpunkte für sechs Monate nach der Geburt eingefroren werden, um den Wiedereinstieg zu erleichtern, galt nicht für den Fall, wenn man früher zurückkehrt. Das bedeutete, dass ich all meine Punkte verlor. Ich habe das damals notgedrungen akzeptiert, aber anschließend dieses Gefühl der Ungerechtigkeit und Falschbehandlung nicht abstellen können. Das war der Impuls dafür, etwas zu tun, damit Schwangerschaft und vor allem ein selbst bestimmter Wiedereinstieg keinen Nachteil mehr darstellen können.
Welchen Erfolg habt ihr mit dem Bündnis erreicht?
Noch im Jahr 2022 wurde die Regelung des ,Maternity Leaves’ auf internationaler Ebene angepasst. Das war ein Meilenstein, dennoch sind wir weiterhin dabei, mit den Verbänden im Dialog zu bleiben und Aufklärungsarbeit zu betreiben. Das Anliegen, Mutterschaft und Spitzensport besser zu vereinen, bleibt ein wichtiges. Gerade im Pferdesport sind Karrieren bis in ein höheres Alter möglich. In anderen Sportarten ist es vielleicht einfacher möglich, die Familienplanung in die Zeit nach der aktiven Karriere zu verschieben. Im Pferdesport haben viele Frauen ihre beste Zeit aber erst Mitte 30, deshalb ist die Vereinbarkeit von Familie und Sport noch wichtiger.
Tatsächlich kann eine Schwangerschaft auch heutzutage noch karrieregefährdend sein. Die Paraschwimmerin Elena Semechin hat kürzlich davon berichtet, dass ihr wichtige Sponsoren abhandengekommen sind, als sie ihre Schwangerschaft öffentlich gemacht hat. Wie denkst du darüber?
Die Schere geht wirklich weit auseinander, was dieses Thema betrifft. Der Fall Elena Semechin ist traurig, zum Glück habe ich diese Erfahrung mit meinen Partnern nicht machen müssen. Aber es ist auch ein schwieriges Feld. Wer Verträge hat, die an das Erbringen einer Leistung gebunden sind, muss damit rechnen, dass diese in der Zeit ruhen, in der die Leistung nicht erbracht werden kann. Ich bin grundsätzlich eine klare Verfechterin des Leistungsprinzips. Aber was ich mir wünschen würde: Dass gemeinsam mit den Sponsoren eine Lösung gefunden werden kann, wie eine Ersatzleistung aussehen könnte, zum Beispiel über das Halten von Vorträgen oder die Teilnahme an Events. Schwangere Frauen sind ja nicht weg, sie können nur nicht sportliche Höchstleistung bringen.
Grundsätzlich scheint das Reiten in all seinen Ausprägungen eine der gleichberechtigtsten Sportarten zu sein, schließlich treten Männer und Frauen - abgesehen von Deutschen Meisterschaften - im gleichen Wettbewerb gegeneinander an.
Das stimmt, Frauen verdienen auch dasselbe Preisgeld wie Männer, und diese Gleichberechtigung finde ich richtig und wichtig. Das Ungleichgewicht entsteht eben dann, wenn eine Reiterin schwanger wird. Wir sind in der Forschung leider noch nicht so weit, dass auch die Männer Kinder kriegen können. Und deshalb braucht es, gerade wenn die Karrieren länger andauern, für Frauen ein Zeitfenster der Unterstützung. Ich sage ehrlich, dass ich darüber nie nachgedacht hatte, bevor ich selbst Mutter wurde. Deshalb werfe ich das auch keinem Mann vor, der sich mit dem Thema nicht befasst, weil es oftmals eben die eigene Betroffenheit braucht, um sich dessen bewusst zu werden. Aber ich merke, dass wir mit unserer Initiative auch bei den männlichen Reitern viel in Bewegung gesetzt haben, und ich freue mich sehr, wenn ich meinen Teil dazu beitrage, eine Art Vorbild sein zu können.
Der Sport scheint beim Thema Geschlechtergerechtigkeit weiter als die Gesellschaft zu sein. Es gibt in vielen Sportarten zunehmend gleich große Teilnehmendenfelder, bei den Olympischen Spielen in Paris waren erstmals genauso viele Frauen wie Männer am Start. Preisgelder werden angeglichen. Wie schätzt du das ein, und wo siehst du noch dringenden Handlungsbedarf?
Ich habe ebenfalls das Gefühl, dass im Sport vieles in die richtige Richtung geht. Handlungsbedarf ist dennoch in vielen Bereichen. Besonders wichtig bleibt für mich die Frage, wie man es besser schafft, Frauen - und auch Männer, denn die betrifft das auch, wenngleich meist nicht so stark wie Frauen - die Teilnahme am Leistungssport zu ermöglichen, wenn sie kleine Kinder zu betreuen haben. Eine ganzheitliche Unterstützung ist noch nicht überall möglich, aber jeder Turnierveranstalter muss heute mitdenken, was für Kinder getan werden kann, um erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler bestmöglich darin zu unterstützen, auch als Eltern erfolgreich zu bleiben.
Du bist mit deinem Ehemann Christoph Zimmermann selbst Turnierveranstalterin. Wie sensibel geht ihr mit diesem Thema um?
Da gebe ich zu, dass das anfangs, als wir damit begannen, auf unserer Anlage in Pinneberg selbst ein Turnier auszurichten, nicht unser erster Gedanke war. Aber mit der Zeit kommen einem solche Dinge immer öfter in den Kopf. Toiletten mit Wickelmöglichkeiten, ein Kinderland mit professioneller Betreuung - all das sind Dinge, über die ich erst nachgedacht habe, als ich selbst gemerkt habe, dass sie fehlen. Das ist ähnlich wie bei der Barrierefreiheit, auch da habe ich interessante Erfahrungen gemacht, wenn ich mich in die Perspektive von zum Beispiel in der Bewegung eingeschränkten Menschen versetzt habe. Ich fände es sehr gut, wenn solche Dinge von den Verbänden vorgeschrieben und dadurch im Vornherein geregelt werden würden, so dass Veranstalter daran gebunden sind. Es gibt so viele Vorschriften; auf diesem Gebiet wären sie wirklich sinnvoll.
Als du von deiner Schwangerschaft erfahren hast, wie war deine erste Reaktion im Hinblick auf deine Karriere? Wusstest du, was auf dich zukommt, und wie waren die Reaktionen aus deinem Umfeld?
In die riesige Freude über die Elternschaft hat sich bei mir durchaus die Sorge gemischt, wie ich es schaffen würde, schnell wieder erfolgreich sein zu können. Ich wollte niemanden von meinen Sponsoren und Pferdebesitzern enttäuschen. Ich möchte nicht das Wort Existenzangst benutzen, denn das wäre im Vergleich zu vielen anderen Menschen, die wirklich um ihre Existenz bangen, unsensibel. Aber ich habe mir viele Gedanken gemacht. Umso glücklicher war ich über die sehr positiven Reaktionen. Alle haben sich mit Christoph und mir gefreut, niemand ist abgesprungen. Auch die Gründung von Equal Equest wurde rundum positiv aufgenommen. Es gab tatsächlich einige verblüffte Kommentare, weil viele von dem Thema keine Ahnung hatten. Aber ich bin bis heute sehr dankbar dafür, wie mein Umfeld reagiert hat und wie viel Unterstützung ich bekommen habe, um meine Karriere weiterführen und Friedrich trotzdem eine hoffentlich gute Mutter sein zu können.
Der Zustand des organisierten Sports
Ergebnisse des Sportentwicklungsberichts 2023-2025: 18.862 Vereine geben Antworten über Zustand des organisierten Sports
Der Bedarf an ehrenamtlichem Engagement und eine zunehmend marode Sportinfrastruktur bereiten den Sportvereinen in Deutschland große Sorgen. Mehr als jeder sechste Verein sieht sich mittlerweile in seiner Existenz bedroht, weil er Probleme damit hat, ehrenamtlich Engagierte zu finden und im Verein zu halten. Diese dramatische Entwicklung geht aus dem 9. Sportentwicklungsbericht (SEB) der Deutschen Sporthochschule Köln hervor. Der Bericht wurde in Auftrag gegeben vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft sowie den 16 Landessportbünden und am heutigen Montag, 12. Mai, veröffentlicht.
Sportvereine in Deutschland sind eine zentrale Institution für Sport und Bewegung und nehmen eine bedeutende gesellschaftliche Rolle ein. Laut Studie sehen sie sich zunehmend als Solidargemeinschaften, denen das Gemeinschaftsgefühl und demokratische Beteiligung im Verein besonders wichtig sind. Rund 19.000 Sportvereine aus ganz Deutschland haben an der repräsentativen Befragung teilgenommen und Angaben zu ihrem Zustand und ihren Herausforderungen gemacht.
DOSB-Präsident Thomas Weikert stellt fest: „Sportvereine sind enorm wichtige Institutionen, die uns als Gesellschaft zusammenhalten und verbinden. Diese Orte gibt es heute leider nicht mehr oft. Deshalb müssen Sportvereine unbedingt gestärkt werden, damit sie diese Aufgaben wahrnehmen können, sonst macht es bald niemand mehr. Es mangelt schon jetzt leider an Menschen, die sich engagieren, und an modernen Sportstätten, in denen man sich gerne trifft. Ohne diese wichtigen Rahmenbedingungen können Vereine ihre Arbeit schlicht nicht leisten.“
„Sport wird nicht als der wichtige Bildungsakteur angesehen, der er ist“
DOSB: Frau Priemer, Ihr Forschungsprojekt hat das zivilgesellschaftliche Bildungsengagement in Deutschland untersucht. Was war der Anlass dafür?
Jana Priemer: Bildungsengagement und Zivilgesellschaft werden oftmals zu wenig zusammengedacht, obwohl es viele Überschneidungen gibt. Es hat in Deutschland eine spannende Veränderung gegeben, die mit unserem Schulsystem zusammenhängt. Bis zum Jahrtausendwechsel galt das Schulsystem als sehr geschlossen, es gab kaum eine Verknüpfung mit zivilgesellschaftlichen Organisationen. Dies hat sich durch die Einführung des Ganztags stark verändert, nun bestehen viele Überschneidungen. Es gab aber keine Forschung dazu, was uns zu unserem Projekt veranlasst hat. Für mich persönlich lag ein zusätzlicher Antrieb darin, dass ich mich seit 2008 mit zivilgesellschaftlichen Organisationen beschäftige und seitdem beobachte, dass gerade bildungsbezogene Aktivitäten der Zivilgesellschaft zugenommen haben - weshalb ich ein großes Interesse für dieses Themenfeld entwickelt habe.
Um einmal zu definieren, worüber wir sprechen: Was ist unter dem Begriff „zivilgesellschaftliches Bildungsengagement“ zu verstehen? Was zeichnet es aus?
Die Zivilgesellschaft ist ein weites Feld. Dazu gehören alle engagierten Menschen, die im öffentlichen Raum, unentgeltlich Aufgaben für die Gesellschaft übernehmen. Wir sprechen in der Wissenschaft von freiwillig Engagierten, wozu auch Ehrenamtliche gehören. Zu den zivilgesellschaftlichen Organisationen gehören Vereine, Verbände, Stiftungen oder soziale Einrichtungen. Sie alle engagieren sich - im Idealfall - aktiv für Demokratie und für das Gemeinwohl. Als zivilgesellschaftliche Bildungsorganisationen verstehen wie jene, in denen Lernangebote gemacht werden. Bildungsmaßnahmen, die von Engagierten angeboten werden, bezeichnen wir dementsprechend als Bildungsengagement. Dabei ist es wichtig, mit einem erweiterten Verständnis von Bildung zu arbeiten. Wir lernen immer und überall: Bildung ist mehr als Schule und findet in vielen verschiedenen Kontexten statt – so auch im Sportverein.
Auf den Sport bezogen: Worin unterscheiden sich zum Beispiel in einem Verein Bildungsengagierte und andere Engagierte?
Bildungsengagierte sind Menschen, die anderen etwas beibringen. In einem Sportverein sind das klassischerweise Trainer oder Übungsleiterinnen, die ihre Gruppe in einer Sportart anleiten. Im Unterschied dazu gibt es als Beispiel Ämter wie das des Kassenwarts, die wichtige Funktionen erfüllen, aber keine Bildungsfunktion haben. Das sind andere Engagierte.
Wie viele Bildungsengagierte gibt es denn im deutschen Sport, und wie ist ihre Zahl verglichen mit anderen zivilgesellschaftlichen Bereichen einzuordnen?
63 Prozent der Engagierten im Sport sind Bildungsengagierte. Das ist der vierthöchste Wert, nur die Bereiche Bildung/Erziehung, berufliche Interessenvertretung und Wissenschaft/Forschung liegen darüber. Wenn man bedenkt, dass Sport der größte Engagementbereich in Deutschland ist, bedeutet das, dass in absoluten Zahlen betrachtet der Sport der größte zivilgesellschaftliche Bildungsakteur in Deutschland ist. Ich sage also guten Gewissens: Sport ist ein absolut wichtiger und großer Bereich für das Bildungsengagement.
